Für viele Menschen, die über die Anschaffung eines Hundes nachdenken, führt der erste Weg zum Züchter. Der Wunsch, einen noch gänzlich unbefleckten, gesunden Welpen zu bekommen, ist durchaus nachvollziehbar. Doch leider geht der Plan oftmals nicht auf. Was also, wenn ein Welpe krank vom Züchter gekauft wurde?
Ein Umtausch kommt für die meisten Menschen aufgrund der schnell aufgebauten persönlichen Bindung nachvollziehbarerweise nicht in Frage. Dementsprechend erhalte ich als Rechtsanwältin insbesondere Anfragen mit der Frage, ob der Käufer wegen des kranken Welpens vom Züchter etwaige Behandlungskosten oder zumindest einen Teil des Kaufpreises erstattet verlangen kann.
Gewährleistungsrechte beim kranken Welpen vom Züchter
Damit die Gewährleistungsrechte greifen, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Zwar stellen Tiere im deutschen Zivilrecht entgegen einem weitverbreiteten Irrtum keine Sachen dar. Die Vorschriften über Sachen finden aber nach § 90 a BGB auf Tiere weit überwiegend entsprechend Anwendung.
Der Welpe muss unter einem sogenannten Sachmangel leiden. Eine Erkrankung kann einen solchen Sachmangel darstellen. Dieser Sachmangel muss bereits bei Übergabe (man spricht vom sogenannten Gefahrübergang) vorhanden gewesen sein. Dieser Punkt führt besonders häufig zum Streit. Denn oftmals ist gar nicht ohne Weiteres klar, ob eine mittlerweile vielleicht offensichtlich bestehende Krankheit bereits beim Züchter vorlag oder ob diese sich erst im neuen Zuhause entwickelt hat.
Probleme gibt es z.B. immer wieder bei Infektionskrankheiten. Wenn bei einem Hund wenige Tage nach Abholung eine Viruserkrankung ausbricht, kann es naheliegend sein, dass er sich bereits beim Züchter angesteckt hat, v.a. wenn er seitdem keinerlei weiteren Hundekontakt hatte. Dass der Hund bei Übergabe das Virus bereits in sich trug, wird sich daher im Zweifel oftmals noch nachweisen lassen. Häufig reicht das aber nicht aus: Gerade bei weit verbreiteten Krankheiten, bei denen es maßgeblich vom Immunsystem des jeweiligen Tieres abhängt, ob die Infektion mit dem Virus überhaupt zu einem Ausbruch einer Krankheit führt, ist es oftmals erforderlich, dass die Krankheit selbst bereits bei Übergabe vorlag. Bei der komplexen Frage der Sachmangelhaftung bei Tieren kommt es so stets auf den jeweiligen Einzelfall an.
Gut zu wissen: Kauft man als Verbraucher von einem Unternehmer (hierunter fallen Züchter in der Regel, mehr dazu unter „Grundsatz Nacherfüllung“) einen Hund, so wird für die ersten sechs Monate vermutet, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang, also bei Übergabe, vorlag – Es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Mangels unvereinbar. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass der Züchter meist derjenige ist, der beweisen muss, dass der Welpe nicht schon beim Züchter krank war und der Mangel erst im neuen Zuhause aufgetaucht ist.
Besonderheiten beim Kauf des Welpen von „Privat“ oder vom „Hobbyzüchter“
Besonderheiten gelten beim Kauf eines kranken Welpen von Privatpersonen. Diese können unter Umständen die Gewährleistung ausschließen. Ob ein solcher Ausschluss wirksam ist, hängt teilweise von der verwendeten Klausel im Kaufvertrag ab. Zu beachten ist außerdem, dass sogenannte „Hobbyzüchter“ oft als Unternehmer im Rechtssinne anzusehen sind, auch wenn sie sich selbst nicht als Unternehmer bezeichnen oder ansehen.
In der Regel ist hierfür schon ausreichend, dass der Züchter wiederholt und regelmäßig Welpen zum Verkauf anbietet. Eine Gewinnerzielungsabsicht, eine erlaubnispflichtige gewerbsmäßige Zucht nach § 11 Tierschutzgesetz, eine Mitgliedschaft im Zuchtverein oder gar eine hauptberufliche Tätigkeit ist hierfür nicht erforderlich. Dennoch versuchen einige Züchter, auf diese Art die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen zu verhindern.
Es lohnt sich daher immer, etwaige Klauseln im Vertrag anwaltlich prüfen zu lassen.
Grundsatz Nacherfüllung
Hat man einen Welpen krank vom Züchter gekauft und die Gewährleistung wurde nicht wirksam ausgeschlossen, stellt sich die Frage, welche Gewährleistungsrechte einem nun zustehen. Im Rahmen der Gewährleistung muss der Käufer den Verkäufer in einem ersten Schritt in der Regel zur Nacherfüllung auffordern. Das bedeutet, dass der Käufer zunächst lediglich Nacherfüllung in Form einer Beseitigung des Mangels (hier: Behandlung beim Tierarzt) oder die Übergabe eines mangelfreien Hundes verlangen kann. Dem Käufer steht diesbezüglich ein Wahlrecht zu, sofern nicht die gewählte Art der Nacherfüllung ganz ausnahmsweise nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Die Anforderung an die Unverhältnismäßigkeit der Kosten ist bei Behandlungskosten für Tiere aufgrund des Tierschutzgedankens vergleichsweise hoch.
Sofern es sich nicht um einen Notfall handelt, sollte man daher immer zunächst den Kontakt zum Züchter suchen. Hierbei sollte eine tierärztliche Behandlung gefordert bzw. mit dem Züchter abgesprochen werden, ob man den Welpen selbst zum Tierarzt bringen und behandeln lassen soll. Am besten setzt man dem Züchter nachweislich eine Frist und hält auch das Vereinbarte schriftlich fest. Gegebenenfalls läuft man bei einer vorschnellen tierärztlichen Behandlung auf eigene Faust ansonsten Gefahr, auf Kosten sitzen zu bleiben.
Eine weitere Besonderheit bei tierärztlichen Behandlungskosten besteht darin, dass diese nicht in jedem Fall erstattet verlangt werden können. Handelt es sich nicht um Kosten der Mängelbeseitigung im Rechtssinne, kann es mit der Erstattung schwierig werden. Dies kommt z.B. vor, wenn der Defekt durch den Eingriff nicht folgenlos beseitigt, sondern lediglich die Lebensqualität des Hundes verbessert werden kann, vgl. BGH Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 281/04 zu einer operativen Korrektur einer Beinfehlstellung bei einem Dackel. Eine Erstattung kommt dann nur noch im Wege des Schadensersatzes in Frage. Ein Schadensersatzanspruch erfordert allerdings ein Verschulden auf Verkäuferseite.
Teilweise kann der kranke Welpe vom Züchter nicht ohne Weiteres „nachgebessert“ und in den vertragsgemäßen Zustand versetzt werden, weil seine Erkrankung beispielsweise überhaupt nicht heilbar ist (oftmals bei typischen Erbkrankheiten wie Hüftgelenksdysplasie (HD), Ellbogendysplasie (ED), Epilepsie, Aortenstenose o.ä.). Gerade dann schlägt der Züchter oftmals einen Umtausch des kranken Welpen vor. Auf einen solchen muss man sich bei Hunden aufgrund der persönlichen Bindung nach überwiegender Rechtsprechung in der Regel nicht einlassen.
Wann kann ich die Behandlungskosten oder den Kaufpreis zurückfordern?
Dann, wenn die vorbeschriebenen Arten der Nacherfüllung ausscheiden oder fehlgeschlagen sind, hat der Käufer schließlich die Wahl zwischen Kaufpreisminderung und Rücktritt vom Kaufvertrag. Den Rücktritt vom Vertrag wird der Käufer eher selten wählen, da dieser wiederum mit dem Verlust des Welpen einhergeht.
Die anteilige Rückforderung des oftmals hohen Kaufpreises eines kranken Welpens vom Züchter ist in diesen Fällen daher regelmäßig das gewünschte Vorgehen.
Wie hoch die Kaufpreisminderung im Einzelfall ausfallen kann, muss individuell beurteilt werden und hängt insbesondere von der Schwere der jeweiligen Erkrankung oder Beeinträchtigung ab.
Vorsicht beim Thema Qualzucht
Besondere Probleme können sich bei Rassen mit sogenannten Qualzuchtmerkmalen ergeben. Als Beispiel seien hier brachycephale Rassen wie die trotz ihrer zahlreichen Beeinträchtigungen nach wie vor sehr populäre Französische Bulldogge genannt. Gewisse Einschränkungen wie die verkümmerte Rute und die brachycephale Kopfform gehören explizit zum Rassestandard. Kommt es, wie sehr häufig, schließlich zu Problemen wie z.B. Atembeschwerden, ist fraglich, ob diese überhaupt als Mangel im Rechtssinne angesehen werden können oder – jedenfalls bis zu einem besonderen Schweregrad – als „normal“ anzusehen sind. In solchen Fällen kann man sich im Streitfall vor Gericht mit entsprechend fragwürdigen Argumentationen und Beweisaufnahmen dahingehend konfrontiert sehen, ob der Hund seiner Rasse entsprechend „normal krank“ oder bereits mangelhaft ist.
Neben der Französischen Bulldogge leiden zahlreiche weitere Rassen unter sogenannten Qualzuchtmerkmalen, teilweise auch Rassen, bei denen man dies auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Insoweit ist jeder potenzielle Welpenkäufer dazu angehalten, sich im Vorfeld ausführlich zu informieren und sich mit seiner Wunschrasse kritisch auseinander zu setzen. Ist man auf eine bestimmte Rasse festgelegt, möchte aber aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden die Zucht nicht unterstützen, wird man oftmals auch im Tierschutz fündig. Gerade Vertreter populärer Rassen finden sich mittlerweile häufig auch im Tierheim.
Für weitere Informationen zum Thema Qualzucht empfehle ich meinen Artikel Qualzucht gekauft – Was nun?, der auf einen Beitrag des ZDF zu einem meiner Fälle Bezug nimmt.
Achtung: Verjährung der Ansprüche
Vergessen sollte man außerdem nicht die Möglichkeit der Verjährung, wenn man einen Welpen krank vom Züchter gekauft hat. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte verjähren grundsätzlich zwei Jahre nach Übergabe des Hundes. Nach Ablauf dieser Frist kann sich der Verkäufer unter Umständen auf den Eintritt der Verjährung berufen, mit der Folge, dass etwaige Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. Es lohnt sich also, rechtzeitig einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin mit der Prüfung von Ansprüchen zu beauftragen.
Fazit zum Kauf kranker Welpen vom Züchter
Auf die Suche nach einem seriösen Züchter und einer gesunden und robusten Rasse sollte bereits im Vorfeld großen Wert gelegt werden. Das Risiko, einen Welpen krank vom Züchter zu erwerben, lässt sich so zumindest reduzieren. Eine Garantie für einen gesunden Hund gibt es jedoch nie.
Hat man einen Welpen krank vom Züchter gekauft, hängt es immer von den Umständen des Einzelfalls ab, ob man eine teilweise Erstattung des Kaufpreises oder gar die vollständige Erstattung tierärztlicher Behandlungskosten verlangen kann. Im Zweifel sollte man unbedingt rechtzeitig anwaltlichen Rat einholen.
Besondere Vorsicht ist schließlich beim Tierkauf im Internet geboten.
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